„Zu wünschen wäre, dass man alle am Ölrain ausgegrabene [sic!] römischen Antiquitäten von Brigantium, der ältesten Stadt am Bodensee, […] sorgfältig sammelte und in Einem [sic!] Locale vor Verschleppung verwahrte.“
Bergmann 1852, 13
Diesen Wunsch äußerte 1852 der aus dem Bregenzerwald stammende Joseph Ritter von Bergmann (1796-1872), einer der Pioniere der Vorarlberger Landesgeschichtsschreibung, vor der Akademie der Wissenschaften in Wien, wo er als Kustos und späterer Direktor dem k. k. Münz- und Antikenkabinett vorstand. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren vor allem auf dem Gebiet des Ölrains in Bregenz (Brigantium) herausragende archäologische Funde aus römischer Zeit gemacht worden. Hervorzuheben sind hier die umfangreichen Funde auf dem Areal des römischen Gräberfelds, die beim Bau der Villa Güllich 1847 (späteres Palais Thurn und Taxis /heute Künstlerhaus) gemacht wurden.

Archäologie als Schlüssel zur eigenen Vergangenheit
Im 19. Jahrhundert entstanden in Österreich und in den Nachbarländern zahlreiche Vereinigungen, die sich der Erforschung und Erhaltung antiker Denkmäler verschrieben. Auch im Raum Vorarlberg entwickelte sich ein Bewusstsein für die Bedeutung der eigenen antiken Vergangenheit und ihrer Kulturgüter. Die Sorge um den Verkauf der archäologischen Funde durch private Grundeigentümer ins Ausland und die Tatsache, dass viele Vorarlberger Funde aufgrund der Zugehörigkeit Vorarlbergs zur Gefürsteten Grafschaft Tirol mit dem Lande Vorarlberg ins 1823 gegründete Museum Ferdinandeum nach Innsbruck gelangten, waren zentrale Argumente für die Gründung eines Museumsvereins 1857.
Bildungsinteresse statt Politik
Die Gründung solcher Vereine geschah durchaus in Übereinstimmung mit der Regierung in Wien. Sie entsprachen dem gesteigerten Bildungsinteresse hoher Beamter und Adeliger und dienten gleichzeitig als Kompensation der stark reduzierten Möglichkeiten für ein politisches Engagement. Das hat Maria Benauer in einem Beitrag zur Gründung des Vereins deutlich gemacht. Aus Vorarlberger Perspektive wurde damit gleichzeitig aber wohl auch die Bedeutung und Eigenständigkeit des Raumes als Teil des Kronlandes Tirol und Vorarlberg betont.

Vom Verein zum Museum
Die Bestellung eines eigenen Konservators (von Joseph Sebastian Kögl) für den Raum Vorarlberg und der Gründung des Museumsvereins 1857 wurden so zu wichtigen Voraussetzungen für die Anschaffung und Einrichtung von Museumsräumlichkeiten. Die archäologische Erforschung des Landes ist seither aufs Engste auf mehreren Ebenen mit dem Vorarlberger Landesmuseumsverein verknüpft.
Es waren die Vereinsobmänner und Fabrikanten wie Samuel Jenny und Carl von Schwerzenbach, die von 1877 bis 1921 die großen archäologischen Grabungen durchführten und finanzierten. Gemeinsam mit den Fachmännern (es waren tatsächlich nur Männer) waren sie auch verantwortlich für die Ausstellung der Funde im Museum. Nach jahrelanger Vorarbeit und großen Investitionen konnte 1905 der lang ersehnte Museumsneubau eröffnet werden.

Der überwiegende Teil der archäologischen Erforschung im Vorarlberger Raum bis 1945 wird von Mitgliedern des Vereins betrieben. Die Dokumentation der seit 1857 planmäßig durchgeführten Grabungen erfolgt über das Vereinsorgan, das somit zum Hauptmedium für die Sichtbarkeit und Verbreitung der archäologischen Forschungen in Vorarlberg und in den Nachbarländern wird.


Wie ein roter Faden…
zieht sich seither die archäologische Erforschung von Vorarlberg und seiner Umgebung durch die Vereinsgeschichte. Auch als 1948 das Museum und seine Sammlungen der Vorarlberger Landesregierung übergeben wurden, bleiben die archäologischen Aktivitäten eng mit dem Vorarlberger Landesmuseum und mit dem Verein verknüpft. Direktoren wie Elmar Vonbank (1954-1986) und Helmut Swozilek (1986-2006) waren ausgebildete Archäologen und selbst als Grabungsleiter tätig. Zahlreiche archäologisch orientierte Ausstellungen im Museum und ebenso zahlreiche archäologische Beiträge im Jahrbuch belegen das anschaulich.
Römer oder so…
Auch der gegenwärtige Museumsdirektor Andreas Rudigier stand dem Verein als Obmann vor (2010-2013) und als verantwortlicher Archäologe des vorarlberg museums gewährleistet Gerhard Grabher die Präsenz der Archäologie im Museum. Gemeinsam mit dem Team des Museums hat er die erfolgreichen, mehrjährigen Ausstellungen Römer oder so? Eine Ausstellung zum Gräberfeld in Brigantium … und Weltstadt oder so? Brigantium in 1.Jh.n.Chr… umgesetzt und damit die römerzeitliche Vergangenheit in unserem Bewusstsein verankert. Nicht zuletzt hat sich der Archäologiebus des vorarlberg museum zur Erfolgsgeschichte entwickelt, mit dem das Team der Kulturvermittlung die Archäologie ins Land trägt bzw. fährt.


Archäologie auf einen Klick
Der Blog www.ausgegraben.at stellt nun einen weiteren Schritt dar in der gemeinsamen Geschichte der Archäologie in und um Vorarlberg, dem Vorarlberger Landesmuseumsverein und dem vorarlbergmuseum mit dem wir gezielt auch jüngere Interessierte ansprechen wollen.
Autorin: Brigitte Truschnegg, Präsidentin des Vorarlberger Landesmuseumsvereins
Zitat:
Joseph Ritter von Bergmann: Die Belagerung und der Entsatz der Stadt Bregenz im Jahre 1408 und deren Retterin Ehrguta mit ihrem vermeintlichen Denkmale, in: Sitzungsbericht der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (IX, Bd.8,4], 1852, 13.
Literatur:
Maria Benauer: Wie alles angefangen hat! Neues zur Gründungsgeschichte des Vorarlberger Landesmuseumsvereins, in: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 2018, 84-103.
Brigitte Truschnegg: Der Vorarlberger Landesmuseumsverein – Freunde der Landeskunde 1857 – 2002, Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 2002.
Gerhard Grabher und Andreas Rudigier (Hg.): Archäologie in Vorarlberg, vorarlberg museum Schriften 15, 2015.
Die Römer eroberten das keltische Brigantion, sie waren die Besatzungsmacht. Es wäre schön, wenn sie die Geschichte vor den Römern berichten würden. Es ist wichtig, die Wurzeln zu kennen, nicht die Besatzungsmacht als Wurzel darzustellen. Unter den römischen Ruinen und Funden sind die keltischen Ursprünge, es wird ganz bewusst gesagt, dass nur bis zu den Römern zu graben ist, denn unser herrschendes System ist auf den Römern gegründet, sowohl das Rechtssystem wie das spirituelle System. Gehen wir doch zum Ursprung zurück, nicht zu den Besatzern, gerade in der heutigen politischen Lage bekommt das eine neue Bedeutung.
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Liebe Leserin,
das Team von ausgeraben.at wäre hoch erfreut, wenn konkrete Hinweise für eine nennenswerte eisenzeitliche Besiedelung des Bregenzer Raumes den zuständigen Behörden zur Kenntnis gebracht werden würden. Nachdem in den letzten Jahren wiederholt bis auf die geologischen Schichten aus der Eiszeit gegraben worden ist, bleibt uns gegenwärtig nur zu konstatieren, dass ein „keltisches Brigantion“ noch nicht archäologisch nachgewiesen werden konnte: Die wenigen Funde belegen allenfalls eine Frequentierung des Gebiets, eine Siedlungstätigkeit, die einen solchen Zentralort anzeigen würde, lässt sich daraus leider nicht ableiten. Alle Leser des Blogs sind natürlich dazu aufgerufen, zweckdienliche Hinweise dem Bundesdenkmalamt zu melden, um diese Forschungslücke zu schließen!
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Sehr geehrtes Team!
Über Ihre Antwort bin ich sehr überrascht. War über 40 Jahre Volksschullehrerin in Bregenz und hatte Lehrbücher, die über die Geschichte von Bregenz berichteten, und zwar, dass die Kelten 400 Jahre vor unserer Zeit Bregenz gegründet haben. Auch unser Stadtarchivar Mag.Thomas Kaglian schreibt dies, ebenso die Historiker Benedikt Bilgeri und Oscar Sandner.
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